Meine Reise nach: Pingyao (平遥)

Meine Reise nach Pingyao liegt nun schon einige Wochen zurück. Grund genug, nun endlich einen neuen Reisebericht zu veröffentlichen.


Pingyao ist eine fast ganz normale Kleinstadt in der chinesischen Provinz Shanxi. Ganz normal, wäre da nicht noch die Altstadt von Pingyao, die eine der besterhaltenen historischen Städte Chinas ist. Sobald man die Stadt durch eines der Tore betritt, befindet man sich in einer anderen Welt: Es fahren keine Autos mehr, moderne Häuser oder gar Hochhäuser sind ebenfalls nicht zu finden und Leuchtreklamen oder Fast-Food-Ketten sucht man vergeblich. Anstelle von Motoren hört man Personen, die sich unterhalten, anstelle von Abgas riecht man frisch zubereitete Köstlichkeiten. Entlang der breiteren Straßen, vor allem der Nan Dajie (南大街), finden sich neben Restaurants auch allerlei kleine Läden, die Souvenirs und Antiquitäten an die abertausenden Touristen verkaufen, die jedes Jahr in das kleine Städtchen strömen. Verlässt man die Hauptstraßen und erkundet die Seitenstraßen, fällt es häufig gar nicht auf, dass man an kleinen Hostels und nett eingerichteten Hotels vorbeigeht, die sich in den unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden niedergelassen und somit dem Stadtbild von Pingyao angepasst haben.

Insgesamt gibt es in der Altstadt von Pingyao, die durch eine imposante und noch vollständig intakte Stadtmauer (城墙) vom neuen Teil der Stadt abgegrenzt ist, noch fast 4000 Residenzen aus der Ming- und Qing-Dynastie. Manche wurden zu besagten Hostels, Hotels, Restaurants oder Läden umfunktioniert, doch tatsächlich leben auch noch knapp 30.000 Einwohner innerhalb der Mauern. Allerdings ist davon auszugehen, dass die meisten der Bewohner inzwischen unmittelbar vom Tourismus leben. Für die Touristen, die durch die Anbindung an das High-Speed-Schienennetzwerk inzwischen noch einfacher und schneller nach Pingyao gelangen, gibt es nämlich einiges zu bestaunen: Manche der alten Residenzgebäude sind in Museen umgewandelt, zusätzlich gibt es viele Tempelanlagen besichtigen und natürlich die Stadtmauer zu besteigen.

All diese Sehenswürdigkeiten hat Pingyao seiner Vergangenheit zu verdanken. Einst war die Stadt, damals durch ihr Bankenwesen geprägt, eine der reichsten Chinas. Hier entstanden nicht nur die ersten Banken des Landes, sondern auch der Scheck wurde hier erfunden. Noch heute kann man einige der Schecks sehen und die alten Bankgebäude besichtigen. So sollte man auf jeden Fall das Rishenchang-Geldinstitut (日升昌) besuchen, welches die erste Wechselbank Chinas war und heute ein sehr sehenswertes Museum ist. Wenn man sich die Museen, Tempel und weitere Sehenswürdigkeiten von Pingyao anschauen möchte (was ich empfehlen würde!), kann man sich ein entsprechendes Ticket nur an den Eingangstoren der Stadt kaufen. Ein solches Kombi-Ticket, mit dem man alle 18 bedeutsamen Gebäude Pingyaos besichtigt werden können, kostet 150 Yuan, umgerechnet etwas weniger als 20€. Auch wenn man nur ein oder zwei Sehenswürdigkeiten besichtigen möchte, muss man das Ticket erwerben, Einzeltickets werden nicht angeboten.

Doch man hat Pingyao nicht gesehen, wenn man sich nur die alten Gebäude innerhalb der Stadt anguckt. Westlich der Stadtmauer, vom West-Tor in ca. 10 Minuten fußläufig zu erreichen, steht ein großes, unscheinbares und relativ neu aussehendes Gebäude. In diesem findet die Performance „Ancient Pingyao Once More“ (Das antike Pingyao noch einmal) statt. Dass „lebende Drama ohne Bühne“, wie es häufig genannt wird, war für mich eines der Highlights des Trips. Während der ca. 1,5-stündigen Vorstellung wird man durch verschiedene Hallen geführt, in denen das antike Pingyao zur Zeit der Qing-Dynastie künstlich aber unglaublich realistisch nachgestellt wurde. Die Schauspieler interagieren mit den Zuschauern, sodass man selbst zum Bestandteil der Geschichte wird. Mit umgerechnet etwa 25€ ist die Vorstellung für chinesische Verhältnisse nicht ganz günstig, dass Erlebnis in eine andere Zeit zurückversetzt zu werden, sollte man sich aber keinesfalls entgehen lassen.

Pingyao ist definitiv einen Besuch wird. Je nachdem, wie viel Zeit man sich lassen möchte, kann man von Xi’an oder Beijing auch durchaus die Stadt als Ausflugs innerhalb eines Tages erkunden. Für mich persönlich waren zwei Tage aber eine sehr gute Länge. Auch wenn die Stadt äußerst sehenswert ist und auf einer Reise nach Shanxi nicht fehlen sollte, merkt man dennoch, dass auch Pingyao als UNESCO Weltkulturerbe immer touristischer wird. Nicht ohne Grund zieht die ARD in einem kurzen Bericht über Pingyao das Fazit, dass der zunehmende Tourismus die Gefahr birgt, dass Pingyao zum „steinernen Freilichtmuseum“ wird.


Hast Du schon meine Reiseberichte über Beijing, Hongkong und Australien gelesen?

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5 Gedanken zu “Meine Reise nach: Pingyao (平遥)

    1. Ich finde es lohnt sich auf jeden Fall und es ist definitiv noch sehr authentisch, nichts desto trotz merkt man, dass die Stadt von den Touristen lebt. Mir hat es aber persönlich deutlich besser gefallen als bspw. Suzhou, auch wenn die Kanäle fehlen 😀.

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    1. Es freut mich zu hören, dass dich meine Artikel inspirieren 😉 Ich kann China auf jeden Fall sehr als Reiseland empfehlen, zumal das Land einfach wahnsinnig vielseitig ist! Man sollte bei der Reiseplanung allerdings beachten, dass China 25-mal so groß ist wie Deutschland und man innerhalb des Landes entsprechend weite Distanzen zurücklegen muss…

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  1. Pingback: Meine „Reise“ nach: Xi’an (西安) – Mein China-Abenteuer

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